Szenario-Analyse – nachhaltige Zukunft ist keine Glaskugel

Szenario-Analyse – nachhaltige Zukunft ist keine Glaskugel

Für Führungskräfte und Mitarbeiter*innen aus dem Finanzbereich ist der Blick in die nachhaltige Zukunft häufig mit drei Fragezeichen verbunden. Doch bei der Beantwortung der Fragen kann ihnen die sogenannte nachhaltigkeitsintegrierte Szenario-Analyse helfen. Denn letztendlich ist diese „alter Wein in neuen Schläuchen“. Die Analyse anzuwenden bedeutet – wie es oft in der Praxis üblich ist – machen, aber keine Wissenschaft daraus.

Zur Aufgabe des Finanzbereichs eines Unternehmens gehört es u. a., die Geschäftsleitung beziehungsweise die Eigentümer*innen mit finanzrelevanten Informationen zu versorgen, damit diese – aufbauend auf dieser Basis – Entscheidungen über die zukünftige, nachhaltigkeitsintegrierte (kurz NH) Unternehmensstrategie (mehr Informationen dazu  findest Du bei „Einführung zu CSF lesen“ auf unserer Seite „Der CSF-Hebel“) des Unternehmens treffen können. Einige Stakeholder, wie zum Beispiel Banken oder Investor*innen, müssen ebenfalls zunehmend mehr Informationen über die zukünftigen NH-Chancen und Risiken (mehr Informationen dazu  findest Du bei „Einführung zu CSF lesen“ auf unserer Seite „Der CSF-Hebel“) ihrer Anlagen erhalten (zum Beispiel via CSR-Berichterstattung). Auch das NH-Risikomanagement wird immer bedeutender. Hier – siehe „Unsere Mission“ – kannst Du Dein Wissen über die Hintergründe für alle  oben genannten Veränderungen, die in den nächsten Jahren stattfinden werden, vertiefen.

Schon allein die Darstellung der NH-Ist-Situation ist heute für viele Unternehmen eine wirkliche Herausforderung. Selbst für diese, die sich seit vielen Jahren mit CSR-Berichterstattung befassen. Wie schwer muss dann erst ein Blick in die Zukunft sein. Wie wirken sich beispielsweise eventuelle regulatorische Veränderungen bei einer zukünftigen CO2-Bepreisung auf den finanziellen Leistungsindikator Eigenkapital- oder Unternehmenswert meines Unternehmens aus? Wie anfangs bereits erwähnt, sind Einschätzungen über die nachhaltige Zukunft für viele Führungskräfte und Mitarbeiter*innen im Finanzbereich mit „drei Fragezeichen“ verbunden; wenn nicht sogar anfänglich mit einem „Blick in die Glaskugel“.

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Szenario-Analyse – „alter Wein in neuen Schläuchen“

Doch hier kann geholfen werden. In Anlehnung an die TCFD-Empfehlungen und die GRI-Standards 102-14 und 102-15 (Hinweis: Falls Du Dich hierzu weiter vertiefen möchtest, findest Du hier über unser Serviceangebot „Publikationen“ im Bereich „Politik & Recht“ eine Veröffentlichung zum Lesen oder Herunterladen) muss die Geschäftsleitung von Unternehmen die nachhaltigkeitsintegrierte Unternehmensstrategie bezüglich der

a) Relevanz der Nachhaltigkeit und der Strategie zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele; und der damit einhergehenden
b) erheblichen ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen sowie der damit verbundenen Chancen und Herausforderungen, die für das Unternehmen mit einer erfolgreichen oder wenige erfolgreichen Transition hin zu einer nachhaltigkeitsintegrierten Gesellschaft (siehe „Unsere Mission“) entstehen, und finanzielle Auswirkungen auf das Geschäftsmodell und Unternehmensstrategie sowie seine Finanzplanung haben können,

bestimmen.

Jedes Unternehmen sollte seinen individuellen, nachhaltigkeitsintegrierten Transformations- und Anpassungspfad zur Erreichung seiner nachhaltigkeitsintegrierten Ziele selbst bestimmen.

Als finanzwirtschaftliches Instrument empfiehlt die TCFD, hierfür die Szenario-Analyse einzusetzen. Die Szenario-Analyse ist in vielen Finanzbereichen bereits etablierte Praxis. Warum sie also nicht auch für die Einschätzung von NH-Chancen und -Risiken beziehungsweise der NH-Resilienz eines Unternehmens bei einer weniger erfolgreichen Transition hin zu einer nachhaltigkeitsintegrierten Gesellschaft verwenden. Bei anderen Zukunftsentscheidungen, wie z. B. im Zusammenhang mit Digitalisierung, Internationalisierung, Akquisitionen usw., kommt dieses Instrument seit Langem immer wieder zum Einsatz.

Dabei soll die NH-Szenario-Analyse keine Prognose sein, sondern stellt als Teil einer NH-Finanzplanung und -analyse ein hypothetisches Konstrukt dar, das mögliche Entwicklungspfade für das Unternehmen beschreibt und transparent macht. Aus den abgeleiteten Erkenntnissen der NH-Szenario-Analyse kann das Unternehmen Maßnahmen zur Realisierung von Chancen beziehungsweise Reduzierung von Risiken künftiger nachhaltigkeits- oder resilienzbezogener Entwicklungen entscheiden, deren finanzielle Zusammenhänge in der NH-Finanzplanung und -analyse abgebildet werden (siehe „Der CSF-Hebel“; 3. c) Chancen und Risiken). Die TCFD-Empfehlungen befürworten daher sich mit mindestens einem sogenannten Transitionsszenario und einem sogenannten Resilienzszenario auseinanderzusetzen, und auf dieser Grundlage die Auswirkungen auf Geschäftsmodell bzw. Unternehmensstrategie und Finanzplanung sowie Widerstandsfähigkeit von einzelnem Unternehmen transparent zu machen.

Weitere allgemeine Informationen zur Szenariotechnik, insbesondere in Verbindung mit der sogenannten „Great Transition“, sind hier erhältlich (weiterführender Link zu Wikipedia).

Szenario-Analyse bedeutet Machen, aber keine Wissenschaft daraus

Das anfängliche Augenmerk sollte auch bei der nachhaltigkeitsintegrierten Szenario-Analyse auf einem robusten und einfachen Prozess liegen, der jährlich und ohne aufwendige Anpassungen erfolgen kann. Je stärker das Unternehmen in Zukunft erwartet, von der erfolgreichen beziehungsweise erfolglosen Transition betroffen zu sein, desto mehr Aufwand und Professionalität sollte perspektivisch in die nachhaltigkeitsintegrierte Szenario-Analyse, entsprechend der gemeinsamen Weiterentwicklung mit den anderen Stakeholdern im CSF-Ökosystem, gesteckt werden.

Auch in der nachhaltigkeitsintegrierten  Szenario-Analyse ist der Ausgangspunkt die Ist-Situation des Unternehmens zu einem Referenzdatum. Das „CSF-Cockpit“ kann auch hier dabei helfen sich auf die finanziell und nachhaltigkeitsbezogenen (doppelte Materialität) wesentlichen Themen zu konzentrieren (siehe „Der CSF-Hebel“).

Außerdem muss sich das Unternehmen auf einen Zeithorizont für die Hypothesen festlegen. Das „Vorgegebene Zeitbudget“ (siehe „Unsere Mission“) kann eine auszuwählende Zeitachse darstellen. Gemäß TCFD-Empfehlungen und GRI-Standards sollte grundsätzlich mindestens ein Zeitraum von 3 bis 5 Jahren simuliert werden. Im Unterschied zur nachhaltigkeitsintegrierten Finanzplanung sind bei einer nachhaltigkeitsintegrierten Szenario-Analyse aber auch längere Betrachtungszeiträume angebracht.

Wenn bereits eine Finanzplanung erstellt wurde, muss das Unternehmen bezüglich der NH-Schlüssel- und Resilienzthemen Annahmen über die Veränderungen der finanziellen Treiber „Erträge“, „Aufwendungen“, „Aktiva & Passiva“ sowie „Kapital & Finanzierung“ treffen (mehr Informationen zur Wechselwirkung von Nachhaltigkeitserfolg und finanzieller Erfolg von Unternehmen  findest Du bei „Einführung zu CSF lesen“ auf unserer Seite „Der CSF-Hebel“). Das sollte optimalerweise – wie auch sonst bei Szenario-Analysen – für jedes NH-Schlüssel- oder Resilienzthema als Worst-, Normal- und Best-Case-Szenario geschehen. Mehr dazu in einem späteren Blogbeitrag in der Rubrik „CSF-Anwendungen“.

Bei der Erarbeitung der Annahmen für die nachhaltigkeitsintegrierte Szenario-Analyse sollte sich das Unternehmen gemäß TCFD-Empfehlungen unverändert an seine Governance-Struktur für Nachhaltigkeit (sofern vorhanden) halten. Neben der kaufmännischen Geschäftsleitung/ Mitarbeiter*innen für Finanzen können für die Auswahl der zu simulierenden NH-Schlüssel- und Resilienzthemen und der Festlegung von Annahmen beispielsweise weitere Mitglieder der Geschäftsleitung, Unternehmenseigentümer*innen, Nachhaltigkeitsverantwortliche, Vertreter des Risikomanagements und Personen anderer strategischer Funktionen des Unternehmens eingebunden werden. Auch externe Partner*innen können im Einzelfall kapazitätsentlastend und Know how-erweiternd sein.

Mit Unterstützung von entsprechender Finanzsoftware, die möglicherweise im Unternehmen schon aus anderen Gründen vorhanden ist, kann der Finanzbereich dann schnell und gezielt Finanzanalyseergebnisse erhalten. Dazu zählen beispielsweise Ergebnisse, wie sich entsprechende finanzielle Annahmen auf ausgewählte finanzielle Leistungsindikatoren, wie zum Beispiel den Eigenkapital- oder Unternehmenswert, in der spezifischen Simulation auswirken.

Weiterhin wird, wie bei jedem anderen Anlass für eine Szenario-Analyse, empfohlen, in- oder externe Benchmark- oder Zielwerte zum Vergleich heranzuziehen, um die Einhaltung von Toleranzgrenzen oder die Auswirkungen auf vertragliche Regelungen (z. B. Kredit-Covenants) einschätzen zu können.

Fazit: Mit der nachhaltigkeitsintegrierten Szenario-Analyse kennt ein Unternehmen den Korridor seiner möglichen finanziellen Entwicklungen in der Zukunft besser und kann innerhalb dessen seine Entscheidungen und die Auswirkungen auf seine nachhaltigkeitsintegrierte Finanzplanung, und damit seine nachhaltigkeitsintegrierte Unternehmensstrategie, fokussierter treffen.

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